Unsere erste koreanische Hochzeit. Ein wenig befremdlich für uns: Abfertigung der Paare im Schichtdienst, amerikanisch anmutende Location und Zeremonie, relativ lautes Gequatsche der Gäste während der Ansprache und ein anschließendes Essen mit Kantinencharme. Nach nicht mal 2 Stunden war der Zauber vorbei.
Die philippinische Kollegin meinte, das wäre die kürzeste Hochzeit, die sie je erlebt hat (und sie hat schon einige internationale Hochzeiten besucht). Unser koreanischer Kollege hingegen sagt, das war für ihn die längste (koreanische) Hochzeit, an der er je teilgenommen hat… Zum ersten mal saß er offensichtlich im Trausaal und verfolgte die Zeremonie. Normalerweise gibt man wohl als Nicht-Verwandter nur sein Geldgeschenk ab, nimmt den Essens-Gutschein in Empfang und begibt sich dann sofort in den Speisesaal.
Aber langsam und von Anfang an: Die Ausgezogenen hatten aufgrund des zu erwartenden Samstags-Staus auf den Straßen für die Anreise zum Ort des Geschehens deutlich zu viel Zeit eingeplant und deshalb vor Ort sehr viel Zeit, das Treiben zu beobachten. Die Hochzeit fand in einer sogenannten Wedding Hall statt, alle 1,5 Stunden eine Hochzeit im Grand Ball Room. Gäste verschiedener Hochzeiten vermischten sich, betraten die Trauhalle des gerade heiratenden Paares und verließen sie wieder, holten sich kostenlosen Kaffee am Automaten und führten ihre Designer Handtaschen vor. Manche Gaeste, wohl meistens nahe Verwandte der Brautleute, trugen traditionelle Kleider.
Schon vor uns eingetroffen war unser Chef, der die „Traurede“ halten durfte. Wahnsinnig nervös lief er hin und her und übte seinen Text.
„Unser“ Paar traf erst lange nach uns ein, stürmte gestresst in Richtung Trausaal und folgte den wohl üblichen Abläufen. Die Braut nahm im „Bride Room“ Platz und posierte für Fotos. Der Bräutigam hingegen stellte sich mit den Eltern auf, um die Gäste zu begrüßen und sich brav für die Geldgeschenke zu bedanken, die die Gäste vorher am Schalter nebenan abgegeben hatten. Uns fiel auf, dass die Brauteltern für sich standen und Gäste begrüßten. Warum das so ist, haben wir noch nicht heraus gefunden.
Nach und nach trafen alle Gäste ein und auch der Trausaal füllte sich. Wie gewohnt und selbstverständlich suchten wir uns, begleitet von einem koreanischen Kollegen, einen Sitzplatz. Der Raum war durch einen Catwalk in zwei Hälften aufgeteilt – je eine für die Familie/ Freunde von Braut und Bräutigam. Wir saßen auf der Seite des Bräutigams. In der ersten Reihe saßen jeweils die Eltern auf besonders schönen Stühlen.
Die Zeremonie begann mit der Verbeugung der Mütter voreinander und einer Einleitung, die von einem weiteren Kollegen gesprochen wurde und der Bräutigam durfte „einziehen“. Wenig später wurde die Braut auf die Bühne gerufen. Unser Chef hielt abwechselnd mit dem anderen Kollegen eine Rede, in der wohl die Bedeutung der Ehe erklärt wurde. Nach der Rede und zwei musikalischen Darbietungen musste sich das Brautpaar jeweils bei den Eltern bedanken, bevor es dann gemeinsam über den Catwalk wieder in Richtung Ausgang schritt und Applaus sammelte. Dies war der Zeitpunkt für die nicht engen Freunde/Familie, den Speisesaal zu stürmen, während das Brautpaar noch für Fotos und Glückwünsche posieren musste. Beim Essen konnte man per Bildschirm und Live-Übertragung das Geschehen im Trausaal beobachten. Nach einer Weile tauchten dann Brautpaar (jetzt in traditionellen Kleidern) mit den Bräutigam-Eltern auf und zogen von Tisch zu Tisch, um kurz Hallo zu sagen. Das war’s. Kein „Ja, ich will“, keine Unterschrift irgendwo, nix.
Die ganze Veranstaltung ist eine reine Show, hat rechtlich keine Bedeutung. Legalisiert wird das Ganze vorher oder nachher mit Bekanntgabe bei dem zuständigen Amt. Es wäre also durchaus denkbar, dass ein Paar nur feiert, Geschenke abkassiert und sich dann später „schmerzlos“ wieder trennt…